Mit 40 Teenies im Zug nach Peking

Um 6.00 reisst mich der Wecker aus dem Schlaf. Heute wird – wieder mal - Zug gefahren. Es geht nach Peking. Zeitig finden wir uns am Bahnhof von Datong ein und warten vor unserem Wagen auf die Türöffnung. Zusammen mit einer Gruppe chinesischer Girlies , die Gleiches im Sinn haben. Also in den gleichen Wagen wollen. Etwa 40 sind es. Und jede hat mindestens zwei übergrosse Taschen oder Koffer dabei. Angesichts des Materialbergs, der da vor dem Wagen liegt, sehe ich akute Platzprobleme auf uns zukommen. Von den zeitlichen ganz zu schweigen. Weil sich die uniformierte Kondukteurin, die den Eingang bewacht, strikt an ihre Vorgaben hält und den Wagen keine Minute früher öffnet, als es der Plan vorsieht. Und natürlich kommt es dann so, wie es kommen muss(te): als die Türe endlich aufgeht, sind die Teenies mit ihren schweren Koffern schon beim Einstieg hoffnungslos überfordert, geschweige denn beim Hinaufwuchten auf die Gepäck-Ablagen. So sind denn die wenigen Männer im Wagen gefordert. Dass sich das gentlemen-like Helfen dann aber zu einer veritablen Plackerei entwickelt, liegt vor allem daran, dass etwa jedem dritten Girl plötzlich (!) einfällt, dass es noch etwas ganz Wichtiges im Koffer vergessen hat... .  Also nochmals runter mit dem Teil und - nachdem das Gesuchte dann doch nicht im Koffer, sondern in der Handtasche war... - wieder rauf. --- Frauen!

Doch lassen wir das Schnöden: am Ende war auf wundersame Weise doch irgendwie  alles an seinem Platz, und sogar wir haben für unsere Gerätschaften ein Plätzli gefunden. Dann geht’s los. Wegen der Teenies ist der Lärmpegel im Zug ein paar Dezibel höher als normalerweise. Und auch die Schlange vor dem WC. Weil: als Mädchen geht man offenbar auch hierzulande nicht alleine an besagtes Örtchen. Und auf dem Rückweg wird dann noch schnell das Handy gezückt und ein Foto geschossen – und zwar von uns.

So wird das, was wir schon beim Einsteigen festgestellt haben, nun  ganz offensichtlich: die grosse Attraktion im Zug sind wir. Die ‚Langnasen’, wie die Chinesen uns Weisse etwas despektierlich titulieren. Spezielles Augenmerk geniessen Jan und ich. Weil wir dem Klischee am besten entsprechen: Grosse Körperlänge und lichtes Haar (wobei letzteres nur auf mich zutrifft, Jan’s Haarpracht ist noch weitgehend komplett).  Dafür kann ich mit meinen grossen Ohren punkten: Träger solcher Hörer gelten in China nämlich als erfahren und weise. Na also - wenigstens das!

Kommentar schreiben

Kommentare: 1
  • #1

    Marlis (Mittwoch, 17 Juli 2013 23:23)

    Wieso kommt mir bei diesem Eintrag so Vieles bekannt vor?! Freue mich auf weitere Episoden!